Veränderungen als Chance

In unserer „Ruta de Calle“ (Tour durch die Straßen Valparaísos um Obdachlosen zu begegnen) gingen wir bis jetzt immer zu einem Platz „Plaza Ecchauren“ wo sehr viele Obdachlose auf den Bänken sitzen und haben ihnen Brot und Tee gegeben. Danach sind wir zu einem Obdachlosenheim der Heilsarmee gegangen und haben dort dasselbe getan.

 

 

 Die eigentliche Idee dahinter ist aber ja nicht nur das Geben von Brot und Tee, sondern VORALLEM das Sprechen mit den Menschen und im Idealfall ihnen auch noch durch einen Bibelvers oder eine christliche Botschaft Mut und Hoffnung zuzusprechen. Das ist ganz schön herausfordernd – musste ich persönlich auch erst einmal lernen und auch den Jugendlichen fällt das nicht immer leicht. Schon oft haben wir im Jugendhauskreis davor darüber mit den Jugendlichen gesprochen. Als Hilfe drucken wir immer wieder Karten mit einem Bibelvers aus. Beim Übergeben kann man dann gleich fragen, ob derjenige den Vers auch lesen kann, wenn nicht vorlesen, und es ist eine Stütze um ein Gespräch darüber anzufangen. 

Trotzdem ist das Gespräch mit den Obdachlosen weiterhin Thema in den Besprechungen mit den Jugendlichen, denn es klappt nicht immer so wie es klappen sollte. Das ist auch gar kein Vorwurf, sondern einfach ein Lernprozess über den wir reden und reflektieren. 

 

Vor ein paar Wochen hat die Leitung im Obdachlosenheim der Heilsarmee gewechselt. Auf einmal gab es viel strengere Regeln. Uns wurde aus Privatsphäregründen verboten in die Schlafsäle zu kommen. Außerdem sollten wir kein Essen mehr verteilen.

War ich zuvor oft mit einem Brot und einem Tee an das Bett der Menschen gekommen, hatte auf der Kante gesessen und ihnen zugehört, wie sie von ihrer Woche, ihrer Krankheit und dem was sie sonst gerade so beschäftigte erzählten, war das nun nicht mehr möglich.

Doch stattdessen hat sich eine andere Tür aufgetan. Die neue Leitung gibt immer im obersten Stockwerk selbst Essen aus.

Wir dürfen während der Abendessenszeit dabei sein. Nicht um mit zu essen, sondern um vor dem Essen mit den Menschen ein paar Lieder

zu singen und  um uns während dem Essen und danach dazu zu setzen und mit ihnen zu reden.

 

Im geschlossenen Raum des Speisesaals sind wir nicht unter Zeitdruck und die Umgebung ist sicherer. Es ist total schön so in Gemeinschaft mit den Menschen dort zu singen und zu reden. Auch den Bewohnern gefällt die Gemeinschaft und ich habe den Eindruck, dass es jetzt auch vielen Jugendlichen leichter fällt Gespräche mit ihnen zu führen.

 

Viele der Menschen dort sind alt und können aufgrund von Krankheit und Altersarmut keine eigene Wohnung oder ein Zimmer bewohnen. Andere sind noch sehr jung, kommen gerade aus einem anderen Land und haben noch keinen Arbeitsplatz gefunden mit dem sie ein Zimmer finanzieren könnten.

Neulich saßen Fabienne und ich im Bus auf dem Weg hoch zur YMCA Außenstelle in Placceres. An einer Straßenecke haben wir den Flüchtling, mit dem wir uns am Freitag zuvor unterhalten hatten, Superocho (Schokoriegel) verkaufen sehen. Von dieser Arbeitsstelle hatte er uns zuvor ganz stolz erzählt, denn ohne Einkunft musste er im überfüllten Saal eines Krankenhauses schlafen. Erst durch dieses geringe Einkommen kann er sich das Bett in einem der Säle des Obdachlosenheimes leisten. Ein erster Schritt um Anzukommen.

 

 

Links auf dem Bild: Deko im Aufenthaltsraum des Obdachlosenheim - leere Farbeimer als Blumentöpfe

In den letzten Wochen hat sich durch den Leitungswechsel auch sonst im Obdachlosenheim viel getan. Die sanitären Einrichtungen wurden saniert und Wände gestrichen. Dadurch stinkt es dort nun viel weniger und als Folge müssen auch weniger Weihrauchstäbchen angezündet werden um unangenehme Körpergerüche sowie den Geruch von dreckigen sanitären Einrichtungen zu übertönen. Diese Geruchskombi war für mich immer ganz typisch für das Obdachlosenheim und ich freue mich sehr für die Bewohner, dass sie nun unter etwas besseren Bedingungen dort leben können.